14.10.2006 • Automatisierung • IT und Automatisierung • Prozessautomatisierung / MSR-Technik • Sensorik

Haute Couture aus dem Labor für Experimentalphysik

Flachste Drucksensoren, die sich auch zu sensiblen Textilien verarbeiten
lassen, wurden jetzt von einem Team österreichischer PhysikerInnen
entwickelt. Der Aufbau eines genügend großen elektrischen Spannungsfeldes in
Polymerschäumen stellte dabei den Durchbruch für den Erfolg dar. So gelang
es, flächige Transistoren in Reaktion auf Druck zu schalten. Anwendungen,
die sich aus diesem Projekt des Wissenschaftsfonds FWF ergeben können, sind
z. B. flächige Mikrofone, Drucksensoren für Hautersatz oder eben interaktive
Kleidung.

Flach ist das neue Chic in der Elektroindustrie. Die omnipräsenten
Flachbildschirme geben davon Zeugnis. Möglich geworden sind solche
Anwendungen durch flächige Transistoren (TFT). Seit einiger Zeit sind auch
flächige Drucksensoren bekannt. Diese so genannten Ferroelektrete sind
elektrisch geladene Polymerschäume, die in Reaktion auf Druck ein
elektrisches Signal erzeugen. Bisher war es noch nicht gelungen, dieses
Signal zur Schaltung flächiger Transistoren zu nutzen. Genau das aber
schaffte jetzt ein österreichisch-amerikanisches Team. Ein Durchbruch bei
der Entwicklung flächiger drucksensibler Schalter, die auf Grund ihrer
Sensibilität und geringer Herstellungskosten viele Anwendungs-möglichkeiten
haben.

ELEKTRO-SANDWICH

"Es kommt auf die richtige Schichtung der Komponenten an", erklärt der
Projektleiter Prof. Siegfried Bauer vom Institut für Experimentalphysik der
Johannes Kepler Universität Linz. "Wir haben auf einem Trägermaterial aus
Polymid einen Propylen-Schaum über einem TFT aufgebracht. Diese TFTs sind ja
aus den Flachbildschirmen bekannt." Der polymere Propylen-Schaum ist der
eigentliche Sensor. Bei Druck nähern sich die unterschiedlich geladenen
Seiten der einzelnen Hohlräume im Schaum an und erzeugen ein elektrisches
Signal. Dazu Prof. Bauer: "Das Tolle an dieser Kombination ist, dass die
Schaltung des Transistors vorübergehend ist. Lässt der Druck auf die
Propylen-Schicht nach, kehrt die Schaltung des Transistors in seine
Ausgangslage zurück. Bisher hatte man in ähnlichen Versuchen nur permanente
Schaltungen geschafft, in denen der Transistor nicht in seine Ausgangslage
zurückkehrte. Das ist für einen Drucksensor natürlich ungeeignet. Dieser
würde ja selbst bei Nachlassen des Drucks noch ein Signal abgeben."

FUNKTIONELLE FORSCHUNG

Der praktische Nutzen dieser Arbeiten des Teams um Prof. Bauer und seiner
Kollegen an der Princeton University in den USA ergeben sich aus zwei
Tatsachen: Zum einen ist die Drucksensibilität hoch und bei verschiedenen
Druckstärken gegeben, zum anderen sind die verwendeten Materialien billig.

Dazu Prof. Bauer: "Die Druckempfindlichkeit des Sensors reichte in unseren
Messungen von wenigen Pascal bis zu einem Megapascal. Das ist immerhin ein
Unterschied von sechs Größenordnungen. Dabei wurde eine Spannung bis zu 100
V gemessen. Mehr als genug, um die Transistoren zu schalten. Tatsächlich
ergaben unsere Berechnungen, dass die Spannungen bis zu 340 V betragen,
diese aber auf Grund des Widerstandes in den Messapparaturen nicht direkt
gemessen werden können." Aus dieser Empfindlichkeit ergibt sich z. B. die
Möglichkeit der Verwendung als Mikrofon. Denn eine Lautstärke von 100 dB
entspricht ca. einem Druck von 2 Pascal. Tatsächlich konnte das Team von
Prof. Bauer anhand des Prototyps eines flächigen Mikrofons eine lineare
Beziehung zwischen Lautstärke (bzw. Luftdruck) und erzeugter Spannung
demonstrieren.

Die günstigen Produktionskosten der verwendeten Materialien sind ein
weiterer Grund für die praktische Verwendbarkeit der neuen Entwicklung aus
diesem Projekt des FWF. So wird das für die Polymerschäume verwendete
Propylen heutzutage sowohl im Haushalt als auch in der Verpackungs- und
Automobilindustrie verwendet ­ ohne dass die Eigenschaft als Ferroelektret
genutzt wird. Auch die Preise für TFTs fallen ständig, und werden diese
beiden Komponenten auf einen flexiblen Untergrund aufgebracht, dann steht
der Verwendung als Drucksensor in künstlichem Hautersatz oder als Textil
nicht mehr viel im Wege. Fashionista beware: Designed by FWF on a catwalk
near you.
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